Wetterarchiv Behrendorf

Hinweis: ab 1. Januar 2023 erfolgt die Aktualisierung der WsWin-Wetterdaten aus Behrendorf nur noch am 1., am 11. und 21. eines Monats. Aktuelle Daten gibt es unter https://wischewetter.info.

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Aktuelle Warnlage

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Wetter aktuell

Frontpassage


Die Kaltfront von Tief HORST überquert Deutschland heute von West 
nach Ost. Das heutige Thema des Tages beschäftigt sich mit der Front 
und den an der Front ablaufenden Prozessen. Dabei wird insbesondere 
auf die Niederschlagsverteilung geschaut.


Tief HORST hat die Schirmherrschaft über unser Wetter übernommen. 
Aktuell (Dienstagvormittag) über dem Norden Irlands gelegen, kommt 
HORST allmählich in Richtung Nordsee (Mittwochmittag) und dann weiter
in Richtung Deutschland voran. Obwohl sich der Kern des Tiefs mit 
seinem Besuch noch Zeit lässt, drückt HORST unserem Wetter schon 
jetzt seinen Stempel auf ? mit einer Kaltfront, die von West nach Ost
über uns hinwegzieht.

Über dem Norden Deutschlands ist bzw. war diese Kaltfront sowohl mit 
den Augen eines Satelliten als auch mit Hilfe des Radars gut zu 
erkennen (Abbildung 1). Denn dort erstreckte sich um 06 UTC (08 MESZ)
ein markantes Niederschlagsband (Radarreflektivitäten in 
grün-gelb-orange) von den Ostfriesischen Inseln bis nach 
Südniedersachsen und Nordhessen. 

Leider ist es aber so, dass dieses Regenband die Lage der 
Luftmassengrenze nicht exakt widerspiegelt. Dies gilt zumindest dann,
wenn man die Situation am Boden bzw. in Bodennähe als Maß der Dinge 
festlegt. Dann kann man durchaus auf die Idee kommen die Front anders
zu positionieren, als dies vom Radar und vom Satelliten suggeriert 
wird.

Hinweise auf diese andere Position liefert die Abbildung 2. Sie zeigt
links die absolute Feuchte in Bodennähe, rechts darüber hinaus die 
Drucktendenz. Durch die im Westen schon eingeflossene kältere und 
trockenere Luftmasse ist dort die absolute Feuchte mit 10 bis 12 g/m3
(Gramm pro Kubikmeter) deutlich niedriger als im Rest des Landes. 
Niedrige Werte der absoluten Feuchte weisen im Osten und Süden vor 
allem bzw. fast ausschließlich die Bergstationen auf (z. B. der 
Fichtelberg, der Große Arber oder der Feldberg im Schwarzwald; 
markiert mit roten Kreisen). Irgendwo im Bereich des Übergangs der 
trockenen zur feuchten Luft sollte die Luftmassengrenze liegen, und 
mit der rechts dargestellten Drucktendenz ist diese Lage recht klar 
definierbar. Wenn man bedenkt, dass vor der Front Druckfall zu 
erwarten ist (in der Karte rot), rückseitig aber Druckanstieg (in der
Karte blau), dann verläuft die Front in Bodennähe von der Elbmündung 
über den Raum Hannover, dann weiter über Kassel und das 
Rhein-Main-Gebiet bis in die Pfalz und weiter nach Frankreich.

Wenn diese Linie die Front am Boden beschreibt, dann liegen die o. e.
Niederschläge auf der Frontrückseite. Dies ist auch verständlich, 
schiebt sich doch die Kaltfront mit der kalten Luft unter die bisher 
wetterbestimmende Warmluft (wem das Wort ?Warmluft? zu dick 
aufgetragen erscheint, der kann Warmluft hier auch durch ?wärmere 
Luft? ersetzen). Um das etwas anschaulicher zu verdeutlichen, lohnt 
der Blick auf Abbildung 3, aber nicht ohne zuvor nochmal die 
Abbildung 1 zu bemühen. In dieser ist nämlich eine Linie markiert, 
die von der niederländisch-belgischen Grenze über das Ruhrgebiet und 
Ostwestfalen bis in den Nordwesten Brandenburgs verläuft und damit 
die Frontlinie nahezu senkrecht schneidet. 

Abbildung 3 zeigt nun die entlang dieser Linie von unserem Modell 
ICON-EU errechnete relative Feuchte in ihrer vertikalen Erstreckung. 
Hinter der Front sickert in den untersten zwei Kilometern trockene 
und kühlere Luft ein, der blaue Pfeil deutet dies an. Der bodennahe 
Feuchteeintrag in die Atmosphäre ist dabei an einer dünnen Schliere 
etwas feuchterer Luft im Kaltluftbereich zu erkennen. Die Front 
selbst verläuft keineswegs senkrecht, vielmehr ist die Frontfläche 
(blaue Linie) geneigt, die Kaltluft hat sich bodennah sozusagen einen
Vorsprung gegenüber der Kaltluft in etwas höheren Luftschichten 
erarbeitet. Wolkenbildung setzt aber erst ein, wenn die Luft 
ausreichend aufgestiegen und durch Abkühlung entsprechend gesättigt 
ist. Und das ist über dem Norden am heutigen Vormittag erst hinter, 
also westlich der Bodenfront der Fall gewesen.

Eine Kaltfront mit diesen Eigenschaften wird als Anafront bezeichnet.
Ihr theoretischer Querschnitt ist in Abbildung 4 zu sehen. Ein 
Großteil des Niederschlages fällt an der Anafront postfrontal - 
allerdings nicht zwingend der gesamte und nicht zwingend immer. 
Manchmal sind auch unmittelbar an oder kurz vor der Front die 
stärksten Regenfälle zu verzeichnen - und manchmal sind diese auch 
die einzigen. In unserem Fall findet sich die zuletzt angedeutete 
Situation entlang einer Linie von Kassel bis nach Frankfurt/M. Dort 
regnet es nur unmittelbar an der Front, prä- und postfrontal bleibt 
es dagegen trocken

Dipl. Met. Martin Jonas 

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 15.07.2025

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